Bienenwinterthur Bezirk Winterthur

Wird die Varroabekämpfung für Bienen bald besser verträglich?

<< Zurück Dienstag den 16.01.2018

Einen neuen Wirkstoff gegen die bei Imkern gefürchteten Varroamilben haben Wissenschaftler der Universität Hohenheim entdeckt. Für voreilige Wundermittel-Hoffnungen ist es aber noch zu früh.

 
Foto: Varroa-Milben auf Jungbiene | Bildquelle: Universität Hohenheim / Bettina Ziegelmann


Die Forscher von der Landesanstalt für Bienenkunde an der Universität Hohenheim bei Stuttgart haben einen Aufsehen erregenden Durchbruch bei der Bekämpfung der Varroa erzielt. Sie haben einen Forschungsbericht in der wissenschaftlichen Zeitschrift "Scientific Reports" veröffentlicht, in dem sie über die Entdeckung eines Wirkstoffes berichten, der Varroen zuverlässig tötet, ohne Bienen zu schaden.

Der Wirkstoff ist altbekannt, recht einfach herstellbar und die Grundstoffe vielfach verfügbar: Lithiumchlorid, ein Lithiumsalz, wird z.B. seit Langem in der Humanmedizin als Antidepressivum eingesetzt und findet in Labors als Hilfsstoff Verwendung. Der Stoff könnte relativ einfach als Zugabe im Bienenfutter eingesetzt, z.B. in Zuckerwasser aufgelöst werden.

Wie so oft in der Forschung war die Entdeckung des Wirkstoffes ein glücklicher Zufall. Die Forscher hatten einen Forschungsansatz im Auge, bei dem dem Futter von Bienen genetische Bausteine zugesetzt werden sollten, die im Körper der Varroen bestimmte Stoffwechselvorgänge blockieren und sie so töten sollten.
Die Wissenschaftler erzielten aber überraschender Weise auch bei gentechnisch unwirksamen Proben tote Varroen. Nach genauer Überprüfung erkannten sie, dass der Hilfsstoff Lithiumchlorid, den sie zur Isolation der Genbausteine verwendeten, die Varroen tötete.

AS-Dispenser noch nicht entsorgen

So mancher Bienenzüchter wird jetzt aufatmen und würde lieber heute als morgen damit aufhören, seine Bienenvölker mit organischen Säuren zu traktieren, um sie von Varroen zu befreien. 
Aber langsam mit den jungen Pferden:
Zunächst müssen die erzielten Ergebnisse von weiteren Forschergruppen nachvollzogen werden, um andere Ursachen für den Varroatod auszuschliessen und sicherzustellen, dass die Resultate zuverlässig wiederholbar sind. Dann müssen Industriepartner als Hersteller gefunden werden, die passende Darreichungsformen entwickeln. 

Von der Entdeckung eines wirksamen Stoffes über die vollständige Erforschung der Nebenwirkungen, der korrekten Dosierung und schliesslich der offiziellen Zulassung als Varroa-Behandlungsmittel können Jahre vergehen! Es wird allerdings wohl nicht so schlimm wie in der Humanmedizin, wo man leicht von zehn Jahren Entwicklungszeit ausgehen kann.
Es ist also eindeutig verfrüht, in Gedanken schon seine Säuredispenser zu entsorgen.

Bisher wurden bei Lithiumchlorid zwar keine Nebenwirkungen bei Bienen und keine Rückstände im Honig oder Wachs beobachtet, aber auch dafür müssen noch zusätzliche Untersuchungen durchgeführt werden.

Keine eigenen Experimente!

Grundsätzlich abzuraten ist von eigenen Experimenten mit Lithiumchlorid am Bienenstock! Hier gibt es nicht die kontrollierten Bedingungen, die in einem Labor hergestellt werden können. Ausserdem sind bei erfolglosen Versuchen die eigenen Völker - und die der Nachbarn! - ganz schnell extrem bedroht, wenn die Varroa überhand nimmt.
Erst vor Kurzem hat der Bienengesundheitsdienst davor gewarnt, mit nicht zugelassenen Varroabekämpfungsmethoden und -geräten zu arbeiten.

Selbst wenn das Dauerproblem Varroa durch den neuen Wirkstoff irgendwann einfacher zu handhaben sein wird: Es ist ja nicht so, dass uns Imkern die Probleme ausgehen werden.
Um die nächste Ecke kommen schon die Asiatische Hornisse (vespa velutina) und der Kleine Beutenkäfer (aethina thumida) als bedeutende Schädlinge auf uns zu.
Die Asiatische Hornisse wandert von Frankreich her über den Schweizer Jura in unser Gebiet ein. Sie hat einen grossen Appetit auf Bienen, um ihre Brut mit Einweiss zu versorgen.
Der Kleine Beutenkäfer kommt aus Afrika und steht bereits in Süditalien. Wenn er Bienenvölker befällt, sind sie nach heutigen Kenntnisstand dem Untergang geweiht, denn seine Larven  vernichten ohne Unterschied Bienenbrut, Wachs, Honig- und Pollenvorräte.

Die Zukunft bleibt schwierig.

Mehr dazu...

- Original-Forschungsartikel zur Studie der Universität Hohenheim (Englisch; gratis verfügbar)

- Pressemitteilung der Universität Hohenheim zur Studie (Deutsch)