Bienenwinterthur Bezirk Winterthur

'Neonics' sind doch nicht schädlich! Gezeichnet: Dr. Syngenta

<< Zurück Samstag den 27.01.2018

Um die Verwirrung über die Schädlichkeit oder Harmlosigkeit von Neonikotinoiden vollkommen zu machen, hat Syngenta im Dezember 2017 - kurz vor der Neonikotinoid-Entscheidung der EU - noch eine weitere Studie veröffentlicht.

 
Foto: Udo Gerth, Köln

"Chem China", der chinesische Staatskonzern, hat 2017 Syngenta übernommen, den weltgrössten Konzern im Bereich chemischer Pflanzenschutz. Syngenta hatte ein paar nicht ganz einfache Jahre, auch weil das Saatgutgeschäft - auch durch die Querelen um Neonikotinoide - geschwächelt hatte. 2013 hatte die EU die Verwendung des Neonikotinoids Thiamethoxam stark eingeschränkt.

Die EU hat in der Zwischenzeit entschieden, dass die Zulassung für bestimmte dieser Pestizide vorläufig verlängert wird. Davor aber wurden hektisch noch Studien fertiggestellt, um die Verwirrung über die Schädlichkeit von Neonikotinoiden vollkommen zu machen.

Thiamethoxam ist eines der weltweit vielfach eingesetzten Neonicotinoide in der Landwirtschaft und steht seit langem im Verdacht, eine der Ursachen für den starken Insektenrückgang der letzten Jahre zu sein. Syngenta hat seine Studie zu dem von ihm produzierten Thiamethoxam zur Wirkung auf Honigbienen in der Zeitschrift „Environmental Toxicology & Chemistry“ publiziert.
 
Die Auswirkungen des Wirkstoffes im Labor und im Feld wurden bei der im Dezember veröffentlichten Studie untersucht, wobei Völker über einen Zeitraum von sechs Wochen nur begrenzt auf alternatives Futter ausweichen konnten.
Rückstände in Pollen und Nektar sollen demnach keine negativen Auswirkungen auf Honigbienen haben, weder auf Larven noch auf ausgewachsene Bienen. Der Produzent des Neonikotinoids stuft die Studie als „robust“ ein und sieht damit frühere Feldstudien auf Völkerebene widerlegt.
Zudem legte die Studie einen definitiven Schwellenwert fest, unterhalb dessen keine schädlichen Auswirkungen auf Honigbienenvölker auftreten sollen.

Da die Publikation in einer Online-Fachzeitschrift nicht kostenlos zugänglich ist, kann die Studie im Moment nicht wirklich inhaltlich bewertet werden. Wir wollen deshalb einen kurzen Blick auf die potenzielle Vertrauenswürdigkeit dieser Untersuchung werfen.

Keine unabhängige Studie

Um es gleich zu Anfang zu sagen: Es waren keine unabhängig arbeitenden Wissenschaftler an der Studie beteiligt, wie die Auflistung der an der Studie beteiligen Autoren zeigt.
Zu jedem beteiligten Wissenschaftler wird auch sein Arbeitgeber aufgezählt:
    1    Syngenta Crop Protection, LLC., Greensboro, North Carolina, USA
    2    Syngenta, Jealott's Hill International Research Station, Bracknell, Berkshire, UK
    3    Eurofins Agroscience Services, Niefern-Öschelbronn, Germany
    4    Eurofins Agroscience Services, Cedar Grove Research Facility, Mebane, North Carolina, USA

Der Chemieriese hat für diese Untersuchung mit Eurofins Agroscience Services zusammen gearbeitet, einem privatwirtschaftlichen Unternehmen, das sich als "Agrochemie-Dienstleister" bezeichnet. Konkret ist das ein Laborunternehmen, das im Auftrag zahlender Kunden fast weltweit Auftragsforschung und Laboruntersuchungen betreibt. Eurofins betreibt 375 Standorte in 41 Ländern und erwirtschaftet - auch mit weiteren Dienstleistungen - einen Jahresumsatz von über 2.5 Milliarden Euro.

Die jetzt publizierte Studie ist selbstverständlich kein Einzelauftrag. Eurofins arbeitet schon seit vielen Jahren nicht nur für Syngenta, sondern pflegt auch Auftragsbeziehungen zu Bayer und weiteren Pestizidproduzenten.
Dabei führte Eurofins nicht nur wissenschaftliche Laboranalysen für Syngenta durch, nein, das Institut ist - wie z.B. in den USA - auch als Lobbyist für seine Kunden tätig. Dort werden auch "Bee Days" in eigenen Forschungsstationen veranstaltet, um bei Bienenfreunden für gute Stimmung zu sorgen.

Unter diesen Umständen fällt es schwer, auf die Unabhängigkeit - respektive Zuverlässigkeit - dieser Untersuchungsergebnisse zu vertrauen. Es entsteht der Verdacht, dass die Resultate nach dem Muster entstanden: "Thiamethoxam ist doch nicht schädlich für Bienen". Gezeichnet: Dr. Syngenta.


Mehr dazu...
- Fachartikel in "Environmental Toxicology and Chemistry", 19. Dec. 2017

(Kostenpflichtig; nur Kurzfassung frei verfügbar)